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Buch: Greif zur Kamera, gib der Freizeit einen Sinn. Amateurfilm in der DDR. München: edition text + kritik 2018
Das umfangreiche Buch von Ralf Forster untersucht einen wichtigen Bereich organisierter Freizeitbetätigung in der DDR. In 40 Jahren schufen rund 900 Amateure mehr als 10.000 Filme.
Sie agierten zwischen staatlicher Förderung, Kontrolle und Reglementierung, erarbeiteten sich dennoch Freiräume und wirkten in die Öffentlichkeit hinein.
Ihre Filme waren oft angepasst, formulierten aber auch Kritik, hatten Witz oder eine gute Geschichte und nahmen nicht selten Randständiges in den Blick. Insofern ist der Amateurfilm in der DDR ein Brennglas der damaligen Gesellschaft – mit ihrer Kulturpolitik und Ökonomie, den Möglichkeiten von Kunstausübung sowie den Sehnsüchten nach Austausch mit Gleichgesinnten und Selbstverwirklichung.
Neben den politischen Rahmenbedingungen und Strukturen werden in dem Band die Produktions- und Rezeptionsseite genauso berücksichtigt wie die technischen Grundlagen und Ästhetiken der Amateurfilme. Fallstudien widmen sich einzelnen Studios und Filmemachern sowie Phänomenen des Forschungsfeldes wie etwa der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie der Überwachung durch die Staatssicherheit. Ein besonderes Gewicht liegt auf der Aufführungspraxis, wobei sowohl offizielle Festivals als auch interne Veranstaltungsformen aufgegriffen werden. Ein Schlusskapitel problematisiert die gegenwärtige Verwendung von DDR-Amateurfilmmaterial und zeigt Wege zur nachhaltigen Bewahrung und Edition dieses wichtigen Erbes auf.
Die beigelegte DVD enthält 16 Beispiele des DDR-Amateurfilms, die erstmals für eine breitere Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Die Filme repräsentieren wesentliche Themen und ästhetische Kategorien der Gattung. Alle Beispiele werden im Buch näher analysiert.
Die für den Willy-Haas-Preis 2019 nominierte Edition ist für 49,00 EUR über den Verlag und den Buchhandel bestellbar.